Gedenkstunde am Gedenkstein

27. März 2023

des

KZ Heilbronn

KZ-Friedhof Heilbronn-Neckargartach

mit frdl. Genehmigung -Stadtarchiv Heilbronn

Samstag, 01. April 2023

11:00 Uhr

KZ-Friedhof Heilbronn-Neckargartach

(Parkplatz Nordfriedhof)

Die Stadt Heilbronn (OB Harry Mergel), der DGB Heilbronn-Franken (Silke Ortwein) und die VVN-BdA Baden-Württemberg (Bernhard Mainz) werden den Opfern und Verfolgten des Naziregimes gedenken.

90 Jahre Mössinger Generalstreik

13. Januar 2023

90 Jahre Mössinger Generalstreik

gegen Hitler und Krieg // Demo am 28. Januar 2023

Auftakt beim Rathaus (am Bahnhof) Mössingen um 14 Uhr

„Heraus zum Massenstreik!“ – Gegen Hitler und den Krieg
Unter dieser Losung zogen am 31. Januar 1933 achthundert Arbeiter*innen durch Mössingen. Soeben war die Macht im Staat an Hitler übertragen worden. Ihn zu stürzen, war ihr Ziel.
Darum folgten sie dem Aufruf der damaligen Kommunistischen Partei zum landesweiten Streik, auch Männer und Frauen aus der SPD, viele von ihnen waren in der Gewerkschaft. So früh und so einhellig wie in Mössingen regte sich nirgendwo im Land der Protest gegen die Nazidiktatur.

Zum 90. Jahrestag wollen wir an diese mutigen Männer und Frauen aus Mössingen, Nehren, Talheim, Belsen, Bodelshausen und anderen Nachbarorten erinnern. Sie riskierten viel und wussten das. Über einhundert Menschen standen danach vor Gericht – wegen “Hochverrat“ und „Landfriedensbruch“. Sie zeigten in jener Zeit mehr politische Weitsicht als viele andere und praktizierten Solidarität. An ihnen prallte die rassistische Hetze der Nazis ab. Sie wussten: Hitler bedeutet Krieg!

Auch in den heutigen Zeiten sozialer und ökologischer Krisen gefährdet Rechtsextremismus unsere Demokratien. ln diesen Krisen wachsen Neofaschismus, Verschwörungsglaube und Rechtspopulismus. Sie bereiten die Machtbasis für gefährliche Populist*innen und Autokrat*innen. Es werden Sündenböcke gesucht und in Minderheiten gefunden. Neofaschist*innen haben keine rationalen Lösungen und befeuern Kriege, ökologische Zerstörung und brutale Ungleichheit in unseren Gesellschaften. Nationalistische Mobilisierungen von AfD und anderen rechten Rattenfängern führen uns sicher nicht aus der Krise!

Verteidigen wir die Demokratie
„Illegal“ wäre die damalige Aktion in Mössingen auch heute. Politische Streiks gelten immer noch als rechtswidrig. Aber ohne Mut zum zivilen Ungehorsam kann man sich weder einer Diktatur noch massiver Aufrüstung oder globaler kapitalistischer Zerstörung entgegenstellen. Deshalb braucht es auch den politischen Streik. Die Schüler*innen von „Fridays for Future“ haben damit begonnen. „People not Profit!“, das sollte auch unser Motto sein. In Tarifkämpfen und bei Sozialprotesten geht es immer und gerade jetzt darum, die Abwälzung der Krisenlasten auf die Beschäftigten und sozial Schwachen aufzuhalten. Demokratisierung der Wirtschaft ist eine alte gewerkschaftliche Forderung und aktueller denn je.

Kämpfen wir für eine solidarische Zukunft!
Bleiben wir den Streikenden von 1933 verpflichtet! Erinnern wir uns an sie, wenn uns heute gesagt wird, es gebe keine Alternative zu den Zwängen einer globalen Marktwirtschaft, zu Konkurrenz und Ausbeutung.

Für eine solidarische Lösung der Klima-, Energie- und Ausbeutungskrise!
Für eine Demokratisierung der Wirtschaft!
Nie wieder Faschismus und Krieg!

Der ganze Aufruf und alle Unterstützer*innen finden sich unter: https://moessingergeneralstreik.wordpress.com/

Zur Demonstration und Kundgebung am 28.01.2023 rufen auf:

  • DGB Kreisverband Reutlingen, Tübingen, Zollernalb
  • GEW Reutlingen/Tübingen
  • IG Metall Reutlingen-Tübingen
  • Linke im Steinlachtal LiSt
  • ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg, ver.di Bezirk Neckar-Fils-Alb
  • ver.di Ortsvereine Reutlingen, Tübingen, Zollernalb
  • Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten  VVN-BdA Baden-Württemberg, KV Tübingen-Mössingen 


Weitere unterstützende Gruppen, Organisationen und Einzelpersonen:

  • Alboffensive
  • Attac Reutlingen-Tübingen
  • DKP Tübingen
  • Die Linke Kreisverbände Reutlingen und Tübingen
  • Gemeinsam&Solidarisch Reutlingen und Tübingen
  • Geschichtswerkstatt Tübingen
  • Friedensplenum/Antikriegsbündnis Tübingen
  • Offenes Treffen gegen Faschismus und Rassismus – OTFR
  • ROSA – Reutlingen for Organisation, Solidarity and Action
  • Wählervereinigung Tübinger Linke
  • Ver.di Seniorinnen und Senioren Reutlingen und Zollern-Alb
  • ZAK 3 – Gruppe gegen Kapitalismus, Krieg und Kohlendioxid
  • Martin Gross, Ver.di Landesbezirksleiter
  • Claudia Jochen, LiSt-Stadträtin in Mössingen
  • Jessica Tatti, MdB Die Linke

Warum die „Machtergreifung“ eine Machtübertragung war

13. Januar 2023

Eine Online-Veranstaltung der VVN-BdA mit einem Vortrag des Historikers und VVN-BdA Bundessprechers Dr. Ulrich Schneider

Am 30. Januar 1933 ernannte der Reichpräsident Paul von Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler und übertrug ihm damit die Führung einer Koalitionsregierung unter Einschluss der NSDAP. Damit war er einer der wichtigsten Wegbereiter des deutschen Faschismus. Was darauf folgte, wissen wir alle. Wer heute den Verbrechen der Nazis gedenkt, muss auch diesen verhängnisvollen Tag vor 90 Jahren mitdenken, denn die Erforschung von Ursachen und Herkunft des Faschismus sind notwendige Bestandteile jeder Erinnerungsarbeit.

Damit der Faschismus in Deutschland die Macht erhalten und diese im Laufe des Jahres 1933 festigen konnte, brauchte es dreierlei:

–          – Steigbügelhalter von oben, die bereit und in der Lage waren, die Nazis mit finanziellen Mitteln auszustatten und in jene machtvollen Positionen zu hieven, die sie zur Durchsetzung ihres Herrschaftsanspruchs benötigten

–          – Eine rechte Massenbewegung, die der Menschenverachtung der Nazis zustimmte und sich von ihrer Herrschaft eigene Vorteile versprach

–       – Gewalt und Terror gegen politische Gegner*innen, um den organisierten Widerstand zu brechen und jede Opposition unmöglich zu machen

In unserer Online-Veranstaltung wollen wir uns anlässlich des 90. Jahres nach der faschistischen Machtübernahme in Deutschland den Fragen widmen: Wie konnte es zur Selbstaufgabe der Weimarer Republik kommen? Welche Weichen wurden bereits vor dem 30. Januar 1933 gestellt und was veranlasste konservative Politiker*innen, wirtschaftliche Eliten und führende Militärs dazu, auf Hitler zu setzen?

Gemeinsam diskutieren wir außerdem, wie wir unheilvollen Allianzen heute entgegentreten können.

Wann: 24.01., 19-21 Uhr

Zoom-Link: https://us06web.zoom.us/j/89364973163?pwd=aFBpSUNMWmVobzBPZ2JLcWxmUkgrZz09

Meeting-ID: 893 6497 3163
Kenncode: 444168

Ulrich Schneider ist Historiker, Generalsekretär der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer/ Bund der Antifaschisten (FIR) sowie seit vielen Jahren einer der Bundessprecher der VVN-BdA e.V. Außerdem ist er Autor des kürzlich erschienen Buches „Der Weg ins Dritte Reich – 1933. Analysen und Dokumente zur Errichtung der NS-Herrschaft“, ISBN 978-3-89438-794-5Mehr Infos zum Thema: www.dasjahr1933.de

Protest gegen Reichsbürger

13. Januar 2023

Am 14. Januar 2023 veranstaltet das „Königreich Deutschland“ (KRD) eine Informationsveranstaltung mit dem Titel „Gemeinwohl-Strukturen Königreich Deutschland“ in Heilbronn. Das „KRD“ ist Teil der Reichsbürger-Szene und strebt eine Monarchie an, bei der ihr Gründer, Peter Fitzek, als Oberhaupt auf Lebenszeit fungieren soll. Als Netzwerk gegen Rechts rufen wir zum Protest gegen diese Veranstaltung auf.

Was sind eigentlich Reichsbürger?

Spätestens durch die bundesweite Razzia im Dezember 2022 ist die Bewegung der Reichsbürger einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Die Bundesanwaltschaft wirft rund 50 Frauen und Männern vor, eine terroristische Vereinigung gebildet zu haben mit dem Ziel, die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen.

Die Reichsbürger-Szene ist nicht homogen. Nicht alle sind militant und bewaffnet. Was sie jedoch alle gemeinsam haben: Sie erkennen das Grundgesetz und die öffentlichen Institutionen der Bundesrepublik Deutschland nicht an. Reichsbürger wollen das historische Deutsche Reich wiederaufleben lassen oder rufen – wie das „Königreich Deutschland“ (KRD) – mit Bezug auf ein selbst definiertes Naturrecht eigene Fantasiestaaten aus. In der Konsequenz wird dann beispielsweise die Zahlung von Steuern verweigert. Auch im Kreis Heilbronn ist dieses Phänomen nicht unbekannt. 2018 beispielsweise versuchten Reichsbürger in Erlenbach den Einbau eines Stromzählers zu verhindern und verletzten dabei drei Polizeibeamte. 

…………..

Wir rufen alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, am Samstag, den 14. Januar 2022, um 15.30 Uhr in der Karlstraße in Heilbronn gegen die geplante Veranstaltung zu protestieren. 

Kein Platz den Reichsbürgern in Heilbronn!

Mehr dazu unter : https://ngr-heilbronn.org/2023/01/12/protest-gegen-reichsbuerger-veranstaltung-in-heilbronn/

Wider dem Vergessen !

7. November 2022

Gedenkveranstaltung der Stadt Heilbronn zur Reichsprogromnacht

In der Nacht vom 09. auf dem 10. November 1938 brannten die Nationalsozialisten die Synagoge in Heilbronn nieder. Jüdische Mitbüger wurden wurden geschlagen und in ihren Wohnungen drangsaliert.

Diese Geschichte und die Ereignisse in unserer heutigen Zeit mahnen uns, dass wir daran erinnern und das wir unsere Würde und Menschlichkeit erhalten.

Deshalb findet am 09. November 2022 um 19:15 Uhr am Synagogengedenkstein die jährliche Gedenkveranstaltung der Stadt Heilbronn statt.

8. Mai 2022 am „Soldatengrab“ in Neudenau-Herbolzheim

27. April 2022

„Ein Friedensmahnmal anstelle einer SS-Pilgerstätte“ unter diesem Motto veranstaltet die Aktion „Wehret den Anfängen“ gemeinsam mit dem Netzwerk gegen Rechts Heilbronn am Sonntag, den 8. Mai 2022 um 14 Uhr eine Kundgebung am sogenannten „Soldatengrab“ in Neudenau-Herbolzheim.

Seit Jahren steht die Gemeinde wegen der rechtsextremen Umtriebe um das „Soldatengrab“ am Römerweg in Herbolzheim in der Kritik, unter anderem deshalb, weil eine ursprünglich von einer SS-Kameradschaft angebrachte Tafel mit einer verbotenen Wehrmachtsparole dort nicht entfernt wird. Obwohl längst überall bekannt ist, dass sich dort regelmäßig Neonazis zu Gedenkfeiern treffen, wird nichts dagegen unternommen, sondern es wird einfach der Kopf in den Sand gesteckt. 

Wir fordern von der Gemeinde, die umstrittene Tafel unverzüglich zu entfernen und das Soldatengrab künftig in Verbindung mit einer eindeutigen Dokumentation des damaligen Geschehens in den letzten Tagen des 2. Weltkriegs zu einem Mahnmal für den Frieden umzugestalten.

Die Autos können in der Straße „Brunnensteige“ abgestellt werden. Von dort ist es ca. 1 km Fußweg. Ab 13 Uhr stehen Menschen in der Straße für Rückfragen zur Route bereit. Essen und Trinken müssen selbst mitgebracht werden.

Sonntag, 8. Mai 2022 // 14.00 Uhr // „Soldatengrab“ Neudenau-Herbolzheim

Gedenkveranstaltung

21. Juni 2021

80. Jahrestag des Überfalls von Nazideutschland auf die Sowjetunion am 02.06.2021

Vor 80 Jahren, am 22. Juni 1941, überfiel Nazideutschland die Sowjetunion und der Vernichtungskrieg im
Osten begann. Ein unvorstellbar grausames Morden und Zerstören setzte sich in riesigem Ausmaß fort, nachdem es schon am 1. September 1939 mit dem Überfall auf Polen begonnen hatte.

Der Krieg im Osten war, anders als im Westen, ein Vernichtungs- und Ausrottungsfeldzug gegenüber den
Völkern der Sowjetunion.
Diese Erkenntnis hat sich nach jahrzehntelangem Schweigen, Verleugnen und Schönreden durchgesetzt, ebenso die
Einsicht, dass die Wehrmacht tief in die Verbrechen verstrickt war. Am Ende kostete das „Unternehmen
Barbarossa“ etwa 27 Millionen Einwohner der Sowjetunion das Leben – Zivilisten, Soldaten, Zwangsarbeiter, 3,3 Millionen Kriegsgefangene und 2,4 Millionen Juden. Dieser Ermordeten und Toten wollen die beteiligten Organisationen heute gedenken und ihnen dadurch etwas von ihrer Würde zurückgeben.
Wir haben als Ort den russischen Friedhof in Pleidelsheim gewählt, wo eine Reihe von Zwangsarbeitern aus der Sowjetunion begraben liegen, die beim Bau der Autobahn Stuttgart-Heilbronn den unmenschlichen Arbeitsbedingungen zum Opfer fielen oder ermordet wurden.
Das Gedenken an die Toten und Ermordeten und an den Zweiten Weltrieg ist auch ein Grund, ein Ende der
zunehmenden Hochrüstungspolitik zu fordern. Wir widersetzen uns dem Trend einer zunehmend
aggressiveren Sanktionspolitik und fordern stattdessen zu Frieden und fairer Kooperation auf.

Hinweis : Von Heilbronn aus besteht eine Mitfahrgelegenheit
Treffpunkt Parkplatz Theresienwiese
Abfahrt 17:00 Uhr


Die Linke KV Heilbronn & Ludwigsburg I VVN-BdA Ludwigsburg, Heilbronn & BaWü I ver.di
Ludwigsburg I DGB Ludwigsburg I Museum Synagoge Affaltrach I DFG-VK Ludwigsburg


35. Todestag von Walter Vielhauer

29. April 2021

Walter Vielhauer ist im Frühjahr 1986 im Alter von 77 Jahren gestorben nach einem Leben, das geprägt war von einem ungeheuren Willen, sich nicht dem Schicksal zu fügen, sondern sich immer den Herausforderungen auch in den finstersten Stunden zu stellen. Er lebte immer die Solidarität und baute auf deren Kraft gegen Hass und Gewalt.
Geboren am 1. April 1909 in Reutlingen wuchs er ab seinem fünften Lebensjahr in der damals schon bedeutenden Industriestadt Heilbronn auf. In der Silberwarenfabrik Peter Bruckmann und Söhne lernte er das Handwerk des Silberschmieds und wurde ein anerkannter Facharbeiter. Schon in der Lehrzeit als Junggewerkschafter aktiv, trat er 1927 in den Deutschen Metallarbeiterverband ein und 1930 in die KPD. Beim Bruckmann gab es eine starke Betriebszelle der kommunistischen Partei, in der Walter früh politische Erfahrungen sammelte.
Doch schon 1933 im März war Walter unter den ersten politischen Gefangenen der neuen Hitlerregierung – bis 1945 war er 12 Jahre lang mit einer kurzen Unterbrechung in Gefängnissen und Konzentrationslagern inhaftiert.
Keine noch so harte Arbeit, keine Krankheit, keine jahrelange Einzelhaft, kein Todesurteil haben den aufrechten Menschen und seine politische Haltung brechen können. Wir können heute das, was Tausende politische Gefangene, was Millionen Häftlinge in den Todeslagern und KZs in ganz Europa durchgemacht haben, nur erahnen und nachempfinden.
Ich darf heute ein paar Zeilen aus einem Brief Walters zitieren, den er am 22.4.1940 aus dem KZ Dachau an seine Familie geschrieben hat: „Liebe Mutter und Geschwister, wieder einmal von Anne ein paar Zeilen zu erhalten, aus denen ich ersehen konnte, dass sie noch wohlauf ist, hat mich sehr gefreut. Es ist ja jetzt bald Vaters Geburtstag – die Zeit, von der man bestimmt weiß, dass es endgültig vorbei ist mit der Kälte und dem Winter und den Unbilden der Winterszeit….Natürlich hoffte auch ich, es möchte dies Frühjahr möglich sein, Euch wiederzusehen – doch scheint sich diese Hoffnung zu zerschlagen, es sollte von meiner Seite an nichts fehlen. Jetzt liegt ja der Sommer vor uns, hoffentlich dauert er ebenso lange wie der Winter, der vergangene….Sicher blüht bei Euch im Neckartal jetzt bald alles zusammen – wie schön ist es dann dort. Herzlichste Grüße für alle: Walter.“ (sein Vater Johann Jakob Vielhauer wurde am 2. Mai 1864 in Biberach/HN geboren und starb am 21. Januar 1939 in Heilbronn). Diesen Brief habe ich am vergangenen Samstag als Original bei einem Antiquariat in den USA entdeckt und ich konnte ihn erwerben, er ist auf dem Weg nach Heilbronn!
Wir können nur im Ansatz erahnen, was es für Häftlinge bedeutete, 12 Mal hinter einander das Frühjahr hinter Stacheldraht und Gitter zu erleben, ständig die Todesangst im Nacken.
Vor einer guten Woche hat Bundespräsident Steinmeier bei der Gedenkfeier in der Gedenkstätte Buchenwald daran erinnert, dass Buchenwald für Rassenwahn, Folter, Mord und Vernichtung steht. Der Bundespräsident wörtlich: „In Buchenwald waren Kommunisten und Demokraten, Homosexuelle und sogenannte Asoziale. Juden, Sinti und Roma wurden hierher verschleppt und ermordet.“
Dieses Jahr jährt sich zum 80. Mal der Überfall des faschistischen Deutschland auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941. Schon immer haben die Nazis deutlich gemacht, dass ihr Hauptziel der Krieg war und mit ihm die Vernichtung des Bolschewismus war und sie haben neben der Vernichtung der Juden in Europa besonders polnische und russische Menschen zu Untermenschen erklärt. Wo auch immer die Wehrmacht in diesen Ländern einfiel, gab es Massenmord und die Liquidierung der Bevölkerung. Menschen wie Walter Vielhauer haben schon vor 1933 gewarnt: „Hitler bedeutet Krieg“ und der Krieg wird vor allem mit dem Ziel geführt, den „Feind“ im Osten zu vernichten. 8000 russische Kriegsgefangene wurden in Buchenwald ermordet. Bundespräsident Steinmeier hat am 11.4. die perfiden Mordaktionen in Buchenwald beschrieben: „Wer von der Wehrmacht an die SS ausgeliefert wurde, verlor seinen Status als Kriegsgefangener, war für die Ermordung im nächstgelegenen KZ vorgesehen. Für sie war in Buchenwald ein ehemaliger Pferdestall zu einer Genickschussanlage umgebaut worden. Es ist ein Ort, der dazu erdacht war, feigen Mord tausendfach und im Akkord zu begehen, der nach demselben Muster entworfen worden war, wie die Gaskammern in den Vernichtungslagern Auschwitz und Treblinka. Man täuschte die Gefangenen, führte sie zu einer Untersuchung vorbei an mit Arztkitteln verkleideten SS-Männern und stellte sie schließlich vor eine Messlatte, die an einer Wand angebracht war. In einem Raum dahinter konnte ein SS-Mann durch einen freigelassenen Spalt seine Opfer auf der exakt angegebenen Höhe mit einem Genickschuss hinterrücks töten.“
Liebe Zuhörende, trotz einer gigantischen Rüstungsmaschinerie, trotz Folter, Mord und Vernichtung gelang es 1945, den faschistischen Terror zu beenden und in Europa die Waffen zum Schweigen zu bringen. Ich möchte an dieser Stelle und im Sinne von Walter Vielhauer daran erinnern, dass es dem Aufbäumen der Roten Armee zu verdanken ist, dass ausgehend von Stalingrad die deutsche Wehrmacht eine militärische Niederlage erlitt, die 1945 von den vier Alliierten Sowjetunion, USA, Großbritannien und Frankreich besiegelt wurde. Ihnen ist es zu verdanken, dass Tausende in KZs und Vernichtungslagern nicht auch noch ermordet und vergast wurden.
12 Jahre lang war Walter Vielhauer als Staatsfeind Gefangener des Hitlerregimes im KZ Heuberg, Zuchthaus Ludwigsburg, den KZs Welzheim, Mauthausen und Dachau. 1944 im April entdeckt die SS in Dachau die geheime Widerstandsgruppe. Der Lagerkommandant befiehlt deren Ermordung. Walter Vielhauer wird zusammen mit fünf weiteren Häftlingen nach Buchenwald transportiert, um dort die Hinrichtung ohne Aufsehen vollziehen zu können. Dort gelingt es der geheimen Widerstandsgruppe, sie im Lager zu verstecken. Im Zusammenhang mit dem Luftangriff und der Zerstörung der Gustloff-Rüstungswerke in Buchenwald erhält Walter Vielhauer die Identität eines gestorbenen französischen Häftlings. Bis April 1945 ist er aktiv in der geheimen Widerstandsgruppe und an der Rettung des jüdischen Kindes Jerzy Zweig beteiligt. Als am 11. April die amerikanischen Truppen in der Nähe des Lagers sind, gelingt es der Widerstandsgruppe im KZ, mit ihren versteckten Waffen die SS-Wachmannschaft zu überwältigen und den Tod von 21000 noch im Lager verbliebenen Häftlinge zu verhindern.
Zurück in Heilbronn wird Walter Vielhauer am 6. Juni 1945 vom durch den amerikanischen Standortkommandanten wieder eingesetzten OB Beutinger zum Assistenten für Wohnungs-, Arbeits- und Fürsorgefragen ernannt. Die amerikanische Militärregierung ernennt ihn später zum Dezernenten, anschließend zum Bürgermeister.
Ein besonderes Anliegen ist dem Antifaschisten Vielhauer aus der Arbeiterbewegung 1945 die Gründung der Gewerkschaften. Die Niederlage der Demokratie 1933 war letztendlich eine Niederlage der verschiedenen Kräfte der Arbeiterbewegung. Schon in den Jahren vor 1945 schwören sich die Gewerkschafter aller Parteien, im demokratischen Wiederaufbau Einheitsgewerkschaften zu bilden. In Heilbronn gehört Walter Vielhauer zu den Mitbegründern der ÖTV, der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes und Vorgängerorganisation von ver.di.
So wie eine starke Gewerkschaft der Arbeiter und Angestellten in den Betrieben und Verwaltungen Walter Vielhauer immer eine Herzensangelegenheit war, so engagierte er sich bis zu seinem Lebensende für eine Welt ohne Krieg und für den Frieden. In diesem Sommer, ich habe es erwähnt, jährt sich der Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion zum 80. Mal. Wir, die wir uns heute für das Vermächtnis des Antifaschisten und Friedensfreundes Walter Vielhauer einsetzen, Silke Ortwein vom DGB Heilbronn, Bernhard Mainz von der VVN-BdA Kreis Heilbronn, Florian Vollert von der Heilbronner LINKEN, Stefan Reiner vom Heilbronner Netzwerk gegen Rechts – heute an der Kamera – sowie wir beiden Stadträte der LINKEN im Heilbronner Gemeinderat, Dr. Erhard Jöst und Konrad Wanner, wir setzen uns in diesem Jahr dafür ein, Schluss zu machen mit den immer neuen Aufrüstungsrunden. Sowohl die atomare Hochrüstung als auch die sogenannte konventionelle Rüstung sind nicht zuletzt angesichts der Coronapandemie eine absolute Verschwendung menschlicher und wirtschaftlicher Potentiale. Im letzten Jahr wurden in Deutschland die Rüstungsausgaben um 4 Mrd € bzw. 8% erhöht. Während die Bundeswehr eine Milliarde um die andere zugebilligt bekommt, ist unser Land nicht in der Lage, genügend Impfstoff gegen die Pandemie zur Verfügung zu stellen. Statt Tod bringende Rüstungsgüter in alle Welt zu schicken ist es an der Zeit, den Impfstoff unter Lizenzproduktion der ganzen Welt zur Verfügung zu stellen.
Heilbronn ist gezeichnet vom Krieg, der 4. Dezember 1944, der Tod von über sechstausend Menschen und die komplette Zerstörung der Innenstadt haben bis heute sichtbare Wunden hinterlassen. Wir begrüßen es, dass Lehren und Konsequenzen aus der Vergangenheit gezogen werden. So hat die Stadt Heilbronn 2019 eine Städtepartnerschaft mit der russischen Stadt Noworossijsk geschlossen. In diesem Jahr kann diese Partnerschaft dazu beitragen, den aktuell zunehmenden Spannungen im Verhältnis zwischen Deutschland und Russland eine Friedensbotschaft auf kommunaler Ebene hinzuzufügen. Und ich baue darauf, dass es in Heilbronn gelingen wird, wie mit dem Gedenken an jüdische, demokratische und gewerkschaftliche Widerstandsmänner und – frauen auch eine sichtbare Erinnerung an Walter Vielhauer zu schaffen.
Ich möchte schließen mit einem Zitat aus dem Schwur von Buchenwald, den die befreiten Häftlinge am 19. April 1945 bei einem Gedenkappell für die Ermordeten des Konzentrationslagers Buchenwald als Gelöbnis der Überlebenden verlesen:
„Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht! Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“
Wir Heilbronner Antifaschistinnen und Antifaschisten kämpfen dafür, dem Andenken Walters einen gebührenden Platz in Heilbronn zu verschaffen.

( Rede von Konrad Wanner am Grab von Walter Vielhauer )

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